Die Dachorganisationen der Wirtschaft Graubünden (DWGR; Bündner Gewerbeverband, Handelskammer und Arbeitgeberverband Graubünden, HotellerieSuisse Graubünden) unterstützen im Grundsatz die anstehende Revision des kantonalen Personalgesetzes, welche in der Augustsession des Grossen Rates beraten wird. Die Arbeitsbedingungen der Verwaltung sollen an die heutige Zeit angepasst werden. Neben notwendigen Verbesserungen der kantonalen Arbeits- und Anstellungsbedingungen sollen aber auch überholte Privilegien gestrichen werden. Die Wirtschaftsverbände fordern deshalb zumindest eine Kürzung der Dienstaltersurlaube sowie eine Angleichung der Aufteilung der Pensionskassenbeiträge an die Privatwirtschaft.
Die DWGR zeigen sich erfreut, dass die Regierung einige wichtige Forderungen der Wirtschaft aus der Vernehmlassung aufgenommen hat, so beispielsweise eine grösstenteils kostenneutrale Ausgestaltung der Vorlage sowie eine Flexibilisierung der Anstellungsbedingungen. Um in Graubünden einen Vergleich der Anstellungsbedingungen zwischen der Privatwirtschaft und dem Kanton herstellen zu können, haben die DWGR zu Jahresbeginn eine Umfrage bei den Unternehmen im Kanton durchgeführt. Aufgrund dieser Umfrage zeigte sich beispielsweise, dass eine Mehrheit der Betriebe im Kanton heutzutage 5 Wochen Ferien für sämtliche Mitarbeitenden anbieten. Daher unterstützen die DWGR auch die entsprechende Anpassung im Personalgesetz.
Konkurrenz zur Privatwirtschaft
Eine moderne, leistungsfähige und schlanke Verwaltung braucht qualifiziertes und motiviertes Personal. Dafür muss der Kanton auch über konkurrenzfähige Arbeits- und Anstellungsbedingungen verfügen. Handlungsbedarf vonseiten des Kantons wird daher von den DWGR in den Bereichen Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Flexibilisierung der Arbeitsformen bzw. des Altersrücktritts sowie bei der Förderung der Teilzeitarbeit anerkannt. Ein steigender Arbeitskräftemangel betrifft aber nicht nur den Kanton, sondern die gesamte Wirtschaft in Graubünden. Eine übermässige Verbesserung der Anstellungsbedingungen des Kantons hat unweigerlich Konsequenzen für die gesamte Bündner Wirtschaft. Die Verbesserungen der kantonalen Anstellungsbedingungen sind entsprechend in einer Gesamtbetrachtung mit Augenmass vorzunehmen. Dabei sind auch die merklichen Verbesserungen durch die letztjährige Revision des Pensionskassengesetzes mitzuberücksichtigen. Denn, die Anstellungsbedingungen für das Staatspersonal – inklusive Gemeinden und öffentliche Institutionen – sind im Vergleich mit der Wirtschaft bereits heute sehr gut. Die DWGR appellieren entsprechend an den Grossen Rat Augenmass walten zu lassen und auch den Mut zu haben, überholte Privilegien wie beispielsweise die Dienstaltersurlaube abzulösen.
Keine Ungleichbehandlung bei der familienergänzenden Kinderbetreuung
Die Revision der kantonalen Gesetzgebung zur Förderung von familienergänzenden Betreuungsstrukturen ist für das laufende Jahr geplant. Daher stellt sich grundsätzlich die Frage, ob es für Angestellte des Kantons die nunmehr vorgesehenen zusätzlichen Unterstützungsmassnahmen braucht. Der von der Regierung vorgelegte Unterstützungsbeitrag für kantonale Angestellte geht aber ohnehin deutlich zu weit. Es ist nicht nachvollziehbar, dass z.B. Kantonsangestellte mit drei Kindern eine indirekte Lohnerhöhung von bis zu 15'000.- Franken pro Jahr erhalten würden. Dies wäre eine massive Verschärfung der Konkurrenzsituation zur Privatwirtschaft. Denn knapp 90% der in der DWGR-Umfrage befragten Unternehmen verfügen nicht über eine zusätzliche Unterstützung im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung. Nur gerade 2.5% der Bündner Betriebe bieten eine zusätzliche Kostenbeteiligung oder gar eigene Kinderbetreuungsmöglichkeiten an.
Überholte Privilegien streichen
Für alle Kantonsangestellten gilt aktuell eine sehr grosszügige Lösung bei den Dienstaltersurlauben. Ab 10 Dienstjahren erhalten alle Mitarbeitenden alle fünf Jahre zusätzlich zwei Wochen Ferien, ab 25 Dienstjahren sogar 4 Wochen. Die Umfrage der DWGR hat gezeigt, dass Dienstaltersurlaube nur bei rund einem Fünftel der Betriebe flächendeckend im Einsatz sind. Einhergehend mit der Erhöhung der Anzahl Ferienwochen sollen nach Ansicht der DWGR die Dienstaltersurlaube entsprechend zumindest halbiert werden. Dies auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel.
Mit der Revision des Pensionskassengesetzes wurde im letzten Jahr eine markante Erhöhung der Sparbeiträge beschlossen. Aktuell muss der Kanton aber weiterhin ab dem 40. Altersjahr mehr als die Hälfte der Sparbeiträge für alle Mitarbeitenden übernehmen. Gemäss der Umfrage der DWGR kennen in der Bündner Privatwirtschaft 80% der Betriebe eine solche zusätzliche Leistung der Arbeitgeber nicht. Aus diesem Grund soll künftig im Personalgesetz festgehalten werden, dass beim Standardsparplan in der Regel die hälftige Aufteilung der Pensionskassenbeiträge zu erfolgen hat. So kann – wie in der Privatwirtschaft der Fall - situationsbedingt eine Erhöhung der Arbeitgeberbeteiligung erfolgen. Der entsprechende Artikel im Personalgesetz ist daher im Rahmen der laufenden Revision anzupassen.
Umfrage Arbeitsbedingungen Privatwirtschaft
An der Online-Umfrage der Dachorganisationen der Wirtschaft Graubünden haben vom 26.1. – 7.2.2022 insgesamt 488 Unternehmen teilgenommen, wobei im Durchschnitt rund 400 Antworten pro Frage eingegangen sind. Dies entspricht einer Rücklaufquote von knapp 10%. Die Fragen zu den Arbeitsbedingungen beziehen sich auf das normale Personal und nicht auf Kaderpersonen. Die Auswertung der Umfrage ist hier zu finden.